Höhentraining in Äthiopien

Nach zwei Jahren in Folge Kenia (Berichte 2015 und 2016) wollten wir einmal etwas Neues probieren. Deshalb wird dieser Bericht nicht nur von meinem Training, sondern auch von den Eindrücken und der Eignung als Trainings- und Erholungsgebiet im Vergleich geprägt sein. Wem das viele Geschreibsel zu lange ist, kann sich am Ende des Berichts die Pro&Contra-Auflistung in Kurzversion ansehen :D
Den Zeitpunkt der Reise haben wir diesmal anders gewählt, Mitte März anstatt Ende Jänner bis Anfang Februar. Aufgrund der (vorher angenommenen) Möglichkeiten, auch Kraft und Rad vernünftig trainieren zu können, sah ich es als sinnvoller an, das Höhentraining etwas später und somit knapper vor dem ersten Saisonhöhepunkt (der Duathlon EM im April) anzusetzen.

Äthiopien, das nördliche Nachbarland von Kenia, bietet auf den ersten Blick einmal bei der Anreise große Vorteile – Direktflug von Wien, in sechs Stunden ist man vor Ort.
Zu Haile Gebrselassies Hotel „Yaya Village“ ist die Fahrt vom Flughafen auch nicht allzu lange, je nach Verkehr ist man in einer Dreiviertelstunde dort (zum Run2Gether-Camp in Kenia dauerts rund doppelt so lange, Direktflug gibt es derzeit auch keinen).
Schon die Hauptstadt Addis Abeba liegt auf etwa 2400m über dem Meer, also ähnlich dem Camp in Kenia. Allerdings geht es dann noch weiter rauf aufs Hochplateau, das Hotel liegt schon auf 2800m, die umgebende Bergkette ragt dann noch entsprechend höher hinauf.
Wir haben bisher keine Negativerfahrungen mit der Höhe gemacht (wobei bis aufs höhere Grundlagentempo dann daheim auch keine Leistungssprünge bemerkbar waren, Positiv- und Negativeffekte haben sich wohl bisher eher aufgehoben), deshalb hatte ich auch keine Bedenken, noch ein bissl eine höhere Lage auszuprobieren (vielleicht wirkt sichs sogar positiver aus?).

Der erste Tag …

… war dann trotzdem recht zäh, da ich nach dem Nachtflug total zombiemäßig und unausgeschlafen war, der Nacken komplett verspannt, was heftige Kopfschmerzen verursachte und auch die leichte Verkühlung aus der Vorwoche noch nicht 100%ig ausgeheilt war.
Der Trainingsbeginn sollte aber ohnehin nicht so anspruchsvoll sein, so stand nur ein Krafttraining mit Auf-/Abwärmen auf der Laufbahn am Programm. Der Lauf auf der 400m-Erde-Schotter-Runde war erstaunlich mühelos, 5:33min/km, also nicht einmal eine Minute pro Kilometer langsamer als daheim, ohne Schnaufen.
Ich kann mich erinnern, dass ich beim ersten Mal vor zwei Jahren in Kenia schon im Alltag (!), also nur beim Gehen, deutlich schlechter Luft bekommen habe. Hier in Äthiopien ist mir die Höhe nur beim Sport aufgefallen. Gut zu wissen, dass sich der Körper so schnell erinnert, selbst, wenn der letzte diesbezügliche Reiz schon über ein Jahr her ist.

Unterschiede zu Kenia wurden schon bald erkennbar. Die Menschen sind zwar ähnlich offen und freundlich, aber sprachlich wie kulturell gibt es nicht so viele Gemeinsamkeiten. Auch das Essen ist für meine Begriffe völlig anders – was es ja interessant macht, wenn man wieder etwas Neues kennenlernt.
Die Vegetation ist in Äthiopien ähnlich dürr wie bei unserem ersten Kenia-Aufenthalt. Beim zweiten Mal hat es ja jahreszeituntypisch viel geregnet und damit war es deutlich grüner.

Neben den (erhofften) besseren Trainingsmöglichkeiten hat uns auch die Aussicht auf ein Hotelzimmer mit eigenem Bad angesprochen. Das Gemeinschafts-WC, das man über einen kurzen Weg im Freien erreicht ist neben der fehlenden Kraft- und Radtrainingsmöglichkeit eigentlich der einzige Punkt, der mich so bisschen am Run2Gether-Camp stört.
Ansonsten fand ich aber das Flair der schönen Zimmer im Masai-Stil gemütlicher. Im Hotel hat man natürlich mehr Privatsphäre, aber lebt eben auch nicht mit den anderen Läufern gemeinsam in einer Unterkunft, isst nicht gemeinsam … man ist mehr „Tourist“, denn ein „Gast“.
Das mag zwar recht subjektiv sein, aber komfortabler fand ich es schlussendlich in Äthiopien ganz und gar nicht.
Gleich am ersten Abend gab es einen Stromausfall, nicht ungewöhnlich für Afrika generell, aber in Kenia wurde das Warmwasser mit Holz aufgeheizt, im Hotel in Äthiopien durch einen Boiler, der nur bei Stromversorgung und ausreichend Wasserdruck funktioniert. Beides ist nicht häufig anzutreffen, wie sich später herausstellen wird.
Prinzipiell sind das „First-World-Problems“, nur muss ich schon auch sagen, wenn man westliche Preise zahlt (47 US-Dollar pro Person im Doppelzimmer mit Frühstück + Abendessen), dann hat man halt eine ganz andere Erwartungshaltung auch an Problemlösungen, als wenn man in ein deutlich günstigeres Camp fährt.

Am zweiten Tag …

… waren wir dann rund 15,5km in etwas über anderthalb Stunden hügelig laufend unterwegs (6:11min/km, Puls 74%). Auch wenn die Strecken nicht so ganz vergleichbar sind (teilweise wars recht technisch über Steinfelder), so sieht man schon, dass die gut 400m Höhendifferenz zu Kenia doch Einiges – zumindest zu Beginn der Adaptionsphase – ausmachen. Gefühlt wars jedenfalls so.
Eigentlich hätte es auch eine Koppeleinheit Laufen + Rad werden sollen, doch es ist noch am Radverleih auf der einen Seite und an nicht wechselbaren Pedalen an den Spinningrädern auf der anderen Seite gescheitert. Mein Optimismus schwand langsam ...
Nachdem sich am Vormittag bezüglich Reparaturen nichts getan hat, hab ich mich dann am Nachmittag noch 30min mit Laufschuhen auf ein Radl im Fitnessbereich gesetzt - doch leider ist bei jedem etwas anderes kaputt. Die beste Lösung bis dahin war ein Exemplar mit eierndem (festgeschweißten und daher nicht wechselbaren) Pedal, bei dem intensiveres Treten oder gar Wiegetritt undenkbar sind. Auch die Sattelstütze wackelt wild nach links und rechts.
An ernsthaftes Training ist nicht zu denken.
Auch wenn ich nicht auf Punkt und Beistrich immer genau alles durchziehen muss, wie vorgenommen und mir auch nicht erwarte, dass es ganz genauso ist, wie daheim, so macht es mich doch etwas unentspannt, wenn sich meine passable, über den Winter hart erarbeitete Radform im vorletzten Belastungsblock vor der Duathlon-EM gerade verflüchtigt.
Aber gut, neue Destination, neues Risiko, es ist nun nicht zu ändern.

Abgesehen vom Sport merke ich von der Höhenlage nach wie vor nichts (Ruhepuls ist deutlich erhöht, besonders in den ersten Tagen, aber das spürt man ja nicht). Auch die Regeneration erscheint mir normal, wobei das im Urlaub halt auch immer bissl leichter ist :)
Essenstechnisch muss ich auch wirklich aufpassen, nicht zu wenig Kalorien zuzuführen (auch, wenn das Training vor allem am Beginn weniger umfangreich als daheim ist). Man sagt ja, dass man in der Höhe weniger Hunger hat, das war in Kenia nicht annähernd so spürbar wie in Äthiopien. Beim ersten Lauf hatte ich noch das Gefühl, zu unterzuckern und großen Durst, danach eigentlich kaum Appetit. Da der Kohlehydratverbrauch besonders hoch ist, muss man darauf achten, nicht ständig mit leeren Speichern unterwegs zu sein. Für Abnehmwillige mag das ein Pluspunkt sein, zu schnell und noch gepaart mit viel Training ist das aber keine gute Idee.

Wie im Vorjahr ging es am dritten Tag …

… auf die Bahn. 20mal 400m möglichst im 10er-Tempo (1:22min wären schön, realistisch, da die Belastung recht kurz ist?), 200m Trab und lange Startzeit 3:15min (ergibt ein Blocktempo für die insg. 12km von 5:25min/km und ist daher um immerhin 25sec langsamer als im Vorjahr – meine Überlegung war die höhere Lage). Dafür hab ich bei der Wiederholungszahl nicht gespart :D
Einlaufen ging schon mal super, Husten war noch nicht ganz weg (der übliche Staub in Afrika trägt das Seinige dazu bei), aber 5:13min/km mit 70% Puls ist schon mal nicht schlecht.
Die Intervalle selbst waren aufgrund der Kürze und der langen Startzeit auch nicht sooo wild – wenngleich der ganze Block dann halt doch 65min gedauert hat. Die 3min Startzeit vom Vorjahr wären problemlos machbar gewesen, aber dann hätte ich wohl noch ein bissl langsamer laufen müssen. So wurden es schon „nur“ 1:25min/400m im Schnitt, also doch deutlicher über 10km-Tempo (letztes Jahr war ich mit knapp unter 1:20min/400m deutlich (!) unterm 10km-Tempo, aber halt nur 12 statt 20mal).
Puls war ein bisschen niedriger, allerdings ist es möglich, dass auch dies an der Höhe liegt (Maximalpuls ist oft in der Höhe erniedrigt, konnte ich in Kenia nicht bemerken, Werte waren bei Intervallen genauso wie daheim).
Die Bahn ist bestimmt auch nicht die Schnellste und hat ihre „Eigenheiten“. So besteht sie nämlich nicht aus zwei Geraden mit zwei Kurven, sondern ist eigentlich ein Rechteck mit abgerundeten Kanten (manche mit engerem, manche mit weiterem Radius). Das ist nicht ganz so einfach zu laufen, vor allem sehr ungewohnt. Der Untergrund ist sehr schottrig mit vereinzelt größeren Steinen, teilweise sehr tief. Mich stört das nicht, das trainiert die Sprunggelenke gut, aber ist halt nicht schnell. Ausweichen kann man auf die nahegelegene Kenenisa-Tartanbahn (folgt noch :) ).
Dazu kommt noch, dass die Bahn in Kenia noch mal tiefer als das Camp liegt, der Höhenunterschied zwischen den beiden Bahnen beträgt also an die 500m.
Ich bin fürs Erste mit dem Training sehr zufrieden, es war bestimmt ein guter Trainingsreiz.
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Am Nachmittag gings noch mal mit den Laufschuhen vor die Tür, geplant waren 8km Traben zum berühmten „Satelite Field“, wo viele Läufer trainieren sollen. Beim Rückweg haben wir uns ein bisschen verkoffert, es wurden dann leicht wellige 9,5km in knapp 1h.
Landschaftlich wäre es eigentlich recht schön, gäbe es nicht so unfassbar viel Müll überall. Teilweise sind große Waldflächen komplett bodenbedeckt mit großteils Plastikabfall. So etwas ist uns in Kenia nicht untergekommen …

Am vierten Tag …

… stand der erste lange Lauf am Programm – 10km hügelig locker, 10km leichtes Tempo auf der Bahn (ideal bezüglich Trinken und Verlaufen kann man sich auch nicht :D), 2km locker Auslaufen – insgesamt also 22km. Gerechnet hab ich schon optimistisch mit 2h, geworden sind es aber Dank guter Beine und überraschend gutem Tempoteil mit 4:21min/km ziemlich genau 5min/km über den gesamten Lauf.
Pulsschnitt bei 75% … was aber nicht wirklich aussagekräftig sein kann, denn reine Grundlage war das sicher nicht. Auch, wenn beim Höhentraining der Puls zur Steuerung ganz gut nutzbar ist (Tempo ja gar nicht), zeigen sich auch hier die Schwächen. Es scheinen einfach alle Bereiche und der Maximalpuls etwas nach unten verschoben zu sein, vielleicht nur an diesem Tag, vielleicht auch sonst.
Einstweilen war ich aber sehr positiv angetan, die anfänglichen größeren Leistungseinbußen scheinen sich langsam zu verflüchtigen.
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Am Nachmittag hab ich dann noch die Massage hier ausprobiert (1h um knapp mehr als 10 Euro) und war ähnlich wie in Kenia positiv überrascht. Im Bereich der Beine war es wirklich sporttauglich, nicht immer angenehm, aber hilfreich. Die Rückenmassage war eher „speziell“ :D Und auch sonst (man wird aber gefragt!) bedeutet eine Ganzkörpermassage wirklich (!) ganzer Körper – inklusive Brust, Hals, Gesicht, Kopfhaut. Frisur sieht danach auch eher afromäßig aus :D

Leider verstehen die Äthiopier immer noch nicht, dass man bei einem Mietrad Bremsen braucht. Somit nach wie vor kein Radtraining möglich.
Das ist ziemlich ärgerlich.
Geduscht haben wir bis jetzt auch öfters kalt als warm, jedes Mal mit Totalüberschwemmung im Bad („wird repariert“), aber man darf sich nicht beschweren, denn am Nachmittag rann für einige Zeit das Wasser überhaupt nimmer.

Tag fünf …

… bestand aus zwei Trainings, am Vormittag Kraft (endlich wieder Kniebeugen und Kreuzheben mit bissl Gewicht …) mit Auf-/Abwärmen auf der Laufbahn (selbst unter 5min/km fühlt sich inzwischen locker an, da geht’s dahin!), sowie einer 20min-Radeinheit mit ein paar Wiegetrittsprints zum Testen des Spinningradls (vernünftiger Widerstand nur mit Ohropax aushaltbar …).
Am Nachmittag erkundeten wir laufend eine neue, hügelige Strecke, die uns dann wirklich extrem positiv überrascht hat. Zum Einen gab es nur am Begin, hinterm Dorf, viel Müll, dann nur noch Natur. Ein lustiges Detail war auch, dass man nach zwei Kilometern den Berg hinauf auf einmal auf eine (ziemlich tadellose, aber trotzdem ungenutzte) Kopfsteinpflasterstraße gekommen ist, die sich zunächst am Bergkamm entlangschlängelt (an einigen Stellen hat man eine tolle Aussicht auf Addis Abeba, das hinter diesen Hügeln liegt!) und wenn man nicht genau die Unterschiede der Vegetation betrachtet, könnte man glauben, man befindet sich auf der Wiener Höhenstraße :D
Die ganze Strecke lag im Schatten, die Temperaturen waren zum Laufen wirklich perfekt. So wurden es trotz gut 320Hm genau 10km in einer knappen Stunde.

Am sechsten Tag …

… gab es für mich das erste Mehrfachkoppeltraining (wobei Stefan auch maßgeblich an dessen Gelingen beteiligt war).
Der Radpart sollte indoor am Spinningrad mit Laufschuhen stattfinden, wobei mit etwas handwerklichem Geschick das Rad in einen verwendbaren Zustand gebracht werden konnte. Das einzig wirklich Problematische dabei – man muss ständig verhindern, dass übermotivierte Angestellte wieder mit einer Zange regelrecht auf das Sportgerät losgehen und gerade wackelfreie Einstellungen zerstören. Mich wundert nicht, dass an den Rädern alles kaputt ist, wenn so damit umgegangen wird …
Schwerpunkt sollte der Laufteil sein, 5mal 3km in ungefähr HM-Intensität, wobei ich den Pulsmesser im Zimmer liegen hab lassen und mich ganz aufs Körpergefühl verlassen habe. Schon beim Einlaufen konnte ich mein normales Lauftempo (4:38min/km) überraschend wirklich locker laufen, die Höhenanpassung klappte diesmal wirklich erstaunlich …
Die Tempoteile, unterbrochen durch jeweils 20min frequenzbetontes Radeln, gingen sogar noch mal besser – für unter 4min/km musste ich mich letztes Frühjahr schon daheim recht anstrengen, dieses Jahr geht das sogar in der Höhe. Am Ende wurde es dann schon etwas zäh, aber es war auch das erste Mehrfachkoppeln der Saison.
Viel Umgewöhnung zu den Sitten auf der Marswiese war auch nicht nötig – radfahrende Kinder und deren Eltern auf Bahn 1 gab es zu Hauf …
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Am nächsten Tag – dem Siebten …

… war ich dann doch etwas müde, es war aber ohnehin nur lockeres Training angesagt – trotzdem wurde der Tag insgesamt betrachtet ein Abenteuertag :D
Am Vormittag ging es laufend in die Hügerl, wobei wir wirklich, wirklich tolle Waldstrecken, teilweise sogar überraschend feucht und auch sehr technisch, gefunden haben. Finden war überhaupt so ein Thema, denn wir haben uns ziemlich verlaufen :D Trotzdem sind wir nur mit 15min und 1km mehr als geplant wieder beim Hotel angekommen (16km in 1:45h). Die Strecke war sehr einsam, nur weniger Bauernhöfe säumten den Weg und es war wirklich ein schönes Naturerlebnis.

Zu Mittag gab es dann eine schöne Überraschung – um (schon runtergehandelte) 28 Euro pro Tag bekommt man auch in Äthiopien fahrbare MTBikes. Zwar kein „feines Material“, aber verhältnismäßig solide gewartet mit funktionierenden V-Brakes, brauchbaren Reifen und zumeist funktionierender Schaltung, der ganze Antrieb rostfrei.
Man darf die Preise halt nicht mit Mallorca vergleichen, aber die Räder waren wirklich trainingstauglich.
Deshalb ging es auch am Nachmittag auf eine schöne Runde :)
Das Ganze war recht abenteuerlich, weil man auch nicht recht darüber nachdenken darf, was passiert, wenn man sich einen Patschen oder gar so unlustige Dinge wie einen offenen Bruch oder so einhandelt (Hubschrauber wird eher keiner kommen …). Aber die Erkundung fast menschenleerer Steppen- und Waldlandschaften lässt einen das rasch vergessen. Abseits der Siedlungen ist die Landschaft schon wirklich toll.
Die Straßen und Wege sind halt extrem steinig und ruppig, sodass man mit den älteren Bikes halt schon so seine Mühe hat und den Komfort moderner Räder etwas vermisst. Aber – sie fahren :D
Fast hätte uns sogar noch der erste Regen beim sonst extrem beständigen Wetter erwischt – aber mehr als ein paar Tropfen aus bedrohlich aussehenden Wolken trafen uns nicht.

An Tag acht …

… war wieder Krafttraining und für Nachmittag ein Radintervalltraining geplant.
Nach dem ersten Tag, wo ich wegen des Nachtflugs zombiemäßig unterwegs war, war das der zweite zähe Tag. Blutdruck und Motivation ziemlich im Keller und großes Schlafbedürfnis. Das mag auch daran liegen, dass es uns neben anderen Sportlern jetzt auch ein bissl hinsichtlich Magen-Darm erwischt hat – aber noch im Rahmen.
Beim Kreuzheben bin ich dann zwar nicht wirklich aufgewacht, aber Kraft war schon da …
Genauso am Rad, erstmal aufgewärmt und zu den 4mal 5min schnell + 3min locker Intervallen „überredet“, ging es dann auch ganz gut (mangels Wattmessung am Leih-MTB kann ich zur Leistung zwar nix sagen, aber als mich zwei Kinder bei der letzten Auffahrt vom Radl geholt haben, ging auch „schön“ der Puls nach oben …).
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Tag neun …

… bestand trainingstechnisch „nur“ aus dem zweiten langen Lauf, gleichzeitig dem Letzten vor dem HM in anderthalb Wochen. Müdigkeit war inzwischen schon mehr vorhanden, als Motivation, Tempo war schlussendlich dann aber doch gut (12km hügelig in 5:33min/km, 10km Tempo in 4:18min/km und über die ganze Einheit 4:58min/km).
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Am zehnten Tag …

… stand die letzte Radausfahrt am Programm, dann gaben wir die Räder aufgrund der hohen Kosten wieder zurück.
Das Timing war auch insofern nicht schlecht, da Stefan 9km vom Hotel entfernt einen Patschen hatte … auf der tollen Grasebene war das kein allzu großes Problem, im steinigen und steilen Bergaufstück am Schluss musste er aber alles schieben.
Nachdem wir nicht wussten, was für Räder wir bekommen, hatten wir keine Ersatzschläuche mit und vor Ort, auch im Verleih, gibt es keine Ersatzteile. Das müsste man selbst mitbringen.
Die Ausfahrt selbst war wunderschön, mitten durch riesige Kuh-, Pferd-, Esel-, Schafherden. Aufpassen muss man bei Kindern, sobald sie etwa im Schulalter sind – wenn keine Erwachsenen in der Nähe sind, schmeißen sie einem auch schon mal Steine nach, wenn man auf die allgegenwärtigen „Money, money“-Rufe nicht „adäquat“ reagiert. Auch erwachsene Männer sind teilweise unangenehm „körperlich“ geworden.
Insgesamt ist das Radfahren doch als eher risikobehaftet anzusehen. Unsere Handyanbieter haben wie die meisten Österreichischen keinen Vertrag mit dem äthiopischen Anbieter und selbst wenn, ist es sicher nicht einfach, im Falle des Falles Hilfe zu holen. Alleine wäre für mich schon das Lauftraining undenkbar (Überknöcheln irgendwo im Wald ...), das Radfahren sowieso. Glücklicherweise hatte ich mit Stefan eine passende Begleitung zur Seite :)

Tag elf …

… bestand trainingstechnisch wieder aus Kraft am Vormittag und einem lockeren Hügellauf am Nachmittag.
Ein besonderes Highlight und toller Motivationsschub waren aber die Rennen auf der hoteleigenen Laufbahn in der Früh.
Harald vom ausdauercoach.at hat diese organisiert, um den lokalen Laufsport etwas zu fördern und den Sportlern vor Ort die Möglichkeit zu geben, Preisgeld und schöne Sachpreise zu gewinnen. Danke an all die Spender zu Hause in Österreich!
Gleich zu Beginn und überpünktlich gestartet haben die Männer über 10 000m. Ständige Tempowechsel zwischen 70 und 76sec pro Runde auf der immer tiefer werdenden Schotterbahn haben das Zusehen sehr spannend gemacht. Der Sieger konnte sich am Ende mit einer 62er-Runde absetzen.
Danach folgten die Damen über 3000m, mit dabei (genauso wie später im 3000m-Herrenrennen) das chinesische (Nachwuchs-National?)Team.
Trotz verhältnismäßig großer äthiopischer Dichte konnte sich eine Chinesin den Sieg schnappen.
Auch zuschauertechnisch war echt etwas los, man wünscht sich das auch für zu Hause :)
Leider gab es am Abend von einem der mitgereisten Österreicher eine schlechte Nachricht: Einen Hundebiss in die Wade … an und für sich kein großes Drama, aber der erste Versuch, in einem Spital an Tollwut-Immunglobulin zu kommen, ist leider gescheitert. Auch dies sollte man bei einer Reise vorab bedenken, die medizinische Versorgung ist überhaupt nicht mit daheim und vermutlich auch nicht mit Kenia vergleichbar (wir habens nicht getestet ...). Eine Impfung vorab macht zumindest die Tollwut-Problematik etwas entspannter (Stefan und ich haben uns glücklichweise dafür entschieden).

Am zwölften Tag …

... habe ich spontan beschlossen, statt 10mal 800m auf 8mal zu reduzieren und davor die 1500m der Damen am zweiten Renntag zum Spaß mitzumachen. Wann hat man schon die Möglichkeit, als Europäerin unter lauter Ostafrikanerinnen am Start zu stehen!
Die Bewerbe wurden von offiziellen Kampfrichtern geleitet, die Durchsetzung der Regeln kann man aber durchaus als „afrikanisch“ bewerten :D
Nach dem Start war ich gleich mal ganz vorne, dann an zweiter Stelle, überholt wird aber großteils nicht außen herum (wo die Bahn auch exponentiell tiefer und noch schwerer belaufbar wird, als sie ohnehin an manchen Stellen schon ist), sondern einfach innen …

Ich habe aber ohnehin bald deutlich mehr mit Luft und Laktat gekämpft und bin von vielen überholt worden, von denen aber Einige ziemlich überzockt haben (noch mehr als ich :D) und so konnte ich die eine und andere wieder einsammeln. Schlussendlich war ich Siebte in einer Zeit von 5:02,62min (VDOT 54,1, in der Halle zuletzt 61,4), was mich echt positiv überrascht hat! Gewertet (und deren Zeit handgestoppt) werden auch immer nur die ersten acht Teilnehmer, gestartet sind rund 20. Ich kannte die anderen zwar nicht, aber aufgrund des sehr üppigen Preisgeldes (für Einheimische) und der tollen Sachpreise gehe ich einmal davon aus, dass sich alle guten Läufer der Region motiviert haben, mitzumachen.

Danach ging es auf die Kenenisa-Tartan-Bahn (Kostenpunkt ca. 13 Euro), die einem aber wirklich gleich das Gefühl wie in einer anderen Welt vermittelt. Die Höhenluft bremst natürlich nach wie vor, aber die Bahn selbst ist absolut makellos.

Deshalb habe ich mich auch über 5:30min Startzeit und 400m Trab drübergetraut, was dann 4:35min/km Blocktempo macht. Zu Silvester bin ich dasselbe Training 22sec/km im Intervall schneller gelaufen, also genau gleich wie der Unterschied auf den 1500m (bei denen aber auch noch der schlechte Untergrund dazu kommt).
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Am Nachmittag ging es noch auf eine lockere Hügelrunde zum Beine-Auslockern.

Tag dreizehn …

… war gleichzeitig der letzte Tag des vierwöchigen Belastungsblocks. Neuerlich stand ein Mehrfachkoppeltraining am Plan, diesmal 3mal 5000m statt 5mal 3000m Tempo mit Rad dazwischen.
Ein interessantes Detail dazu: Am Vortag war Haile (Gebrselassie), früherer Weltklasseläufer und Hotelbesitzer vor Ort und auf die Beschwerden bezüglich der Spinningräder wurde so prompt reagiert, dass ... das bisher beste (!) Rad gegen ein wirklich Gutes ausgetauscht wurde (die anderen vier waren immer noch kaputt).
Für mich wars aufgrund hoher Vorbelastung schon sehr zäh. Mehr als 4:14min/km auf die insgesamt 15km Tempo ging nicht mehr, was aber angesichts der Höhe auch ok ist, oder eben sein muss. Die Bahn glich außerdem auch diesmal wieder eher einer Flaniermeile für Wochenendgäste, als einer brauchbaren Trainingsstätte.
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Am Nachmittag gab es dann noch den ersten richtigen Regen in Form eines Gewitters :)
Im Zimmer ist es dann Dank Blechdach genauso laut wie im Run2Gether-Camp, aber es war mal eine schöne Abwechslung.

Der vierzehnte Tag ...

... war gleichzeitig der Erste der Entlastungswoche :)
Kraft + Radkoppel wurde absolviert. Das Wetter blieb (angenehm) wechselhaft inklusive ordentlicher Regengüsse.

Tag fünfzehn ...

... wurde noch für einen abschließenden Lauf genutzt, bevor es wieder über Nacht nach Hause ging. Nach fast zwei Wochen nicht in den Griff zu bekommenden Magen-Darm-Problemen war ich schon sehr ausgelaugt.
Die Vorfreude auf daheim war dementsprechend groß, auch, wenn wir das Eine oder Andere bestimmt trotzdem vermissen werden ... das tolle Laufwetter, die riesigen Graslandschaften mit Viehherden, die Wettkampfatmosphäre ...

Die Trainingsgestaltung war dieses Jahr etwas anders als in den letzten beiden Jahren. Zum Einen war ja doch eingeschränkt Kraft und Radfahren möglich, zum Anderen war es aufgrund des später in der Saison liegenden Termins wichtig, schon mehr Duathlonspezifisches zu machen.
Umfangmäßig war es zumindest in Woche I ein klein weniger als in Belastungswochen daheim, dafür kommt ja die Höhe als Belastungsreiz dazu. Es gab wie in den Vorjahren einen Laufschwerpunkt, aber eben nicht ausschließlich. Inhaltlich bin ich deutlich mehr im Tempobereich gelaufen, das habe ich den ganzen Winter schon (mit Erfolg, wie etwa der Vergleich der LaufenHilft-Ergebnisse zeigt) so gehandhabt. Das ist in der Höhe immer etwas mehr Risiko, sind das doch jene Einheiten, die am Schwierigsten umzusetzen sind und bei denen man sich schnell komplett abschießen kann. Trotz kleiner gesundheitlicher Probleme (die aber jedes Jahr in unterschiedlicher Form aufgetreten sind) konnte ich dieses Jahr das vorab geplante Programm besser und ohne echte Einbrüche durchziehen, wenngleich es in Woche II zwischenzeitlich schon sehr zäh wurde (allerdings war es für mich auch schon die vierte Belastungswoche in Folge, bevor es in der Woche vor dem Halbmarathon in die Entlastung ging).

Mein Highlight aber waren definitiv die Pferde!
Diese ponygroßen, quirligen Tiere findet man fast überall. Das Ergoogeln der äthiopisch-einheimischen Rasse ergab ein Bild, das sehr gut zu meinem Eindruck vor Ort passt – eine Mischung zwischen Arabern und Berbern, etwas kleiner und zierlicher noch, sehr aufgeweckt, neugierig und schnell, gleichzeitig robust und auch sehr sensibel.
Direkt im Hotelgarten durfte eine ganze Herde davon frei herumlaufen, wenn sie nicht gerade Gäste umhertragen mussten.
Sie sind ziemlich scheu, da sie mit den Menschen wohl nichts allzu Angenehmes verbinden, aber der Futterzustand war voll in Ordnung, die Hufe auch (wobei ich nicht glaube, dass da jemals jemand etwas gemacht hätte …), das Sattel- und Zaumzeug „landestypisch“.
Ich bin auf dem ersten Pferd, das ich davon überzeugen konnte, eine Karotte von mir anzunehmen (ich glaub, so etwas hat es noch nie zuvor gegessen …) geritten. Erwartungsgemäß konnte der hübsche Schimmel nicht viel, reagierte aber sehr sensibel auf Gewichtsverlagerungen und die Stimme. Rechts herum war seine gute Seite, Linksgalopp habe ich in den 30min nicht hinbekommen. Leider kämpfen die Pferde am Allermeisten mit den gruseligen, mittelalterlichen Kandaren, die man sich kaum angreifen traut und die auch rein gar nicht zum Ausbildungsstand passen. Nur gut, dass man über Stimme und Sitz sehr gut intuitiv bremsen und lenken kann.
Beim zweiten Mal ging es dann schon besser und mit ein paar Tricks (Richtungsänderung, Gewichtsverlagerung und gleich Angaloppieren aus dem Schritt) hat dann auch der Linksgalopp geklappt :)

Statistik

15 volle Tage vor Ort
18 Läufe, 19:45h, 223km und 2273 Höhenmeter
davon 50km Tempo <4:20min/km und 16km Intensität <3:40min/km
– mit dabei ein 1500m-Rennen
(Vorjahr: 28:30h, 302,5km und 4169 Höhenmeter, 28km Tempo und 17km Intensität in 18 Tagen)
7 Radeinheiten, 8:25h, davon 5:00h mit dem MTB und 856 Höhenmeter
5 Kraft- und Mobilitätstrainings
33:15h Gesamtumfang

Vergleich Äthiopien vs. Kenia

Äthiopien Yaya Village

+ auch schöne schattige Laufstrecken in Wäldern verfügbar, allerdings keine „klassischen“ afrikanischen Großtiere zu sehen (dafür haben wir auf viele Vogelarten, Affen und einen Löffelhund getroffen)
+ WC und Bad am Zimmer
+ Schotter-Bahn direkt am Hotelgelände, Tartan-Bahn 1,5km entfernt (13 Euro/Tag)
+ Temperaturen bisschen niedriger als in Kenia (besser fürs Training)
+ mehr Privatsphäre
+ Internet funktioniert meistens
+/- „westlicheres“ Essen (der Koch ist gut, ich hab es leider gar nicht gut vertragen, viel fetter als in Kenia, wo es auch mehr Gemüse und Kohlehydrate gab)
+/- die Höhe (2800m, kann gegenüber Kenia Vor- oder Nachteil sein, je nach Verträglichkeit)
- Preis (vor allem Preis-/Leistung in meinen Augen nicht so gut)
- man sollte einen gleich starken Trainingspartner mit dabei haben, um im Notfall Hilfe zu holen (die meisten österreichischen SIM-Karten funktionieren nicht!)
- Ernsthaftes Bahntraining am Wochenende kaum möglich
- Hauptstraße (und Muezzin teilweise mitten in der Nacht) im Zimmer deutlich hörbar
- Müllmassen in der Landschaft um die Siedlung herum
- keine Safaris in annehmbarer Entfernung möglich, dadurch praktisch ausschließliche Beschränkung auf ein „Trainingslager“
- begrenzter Komfort, da einfach vieles im Hotel schon kaputt ist und nicht gewartet wird
+++ die Pferde :D

Kenia Run2Gether Camp

+ Abgeschiedenheit, Vielfältigkeit der Laufstrecken, auf denen man auch mal Zebras und Giraffen begegnet
+ Preis (+Leistung!)
+ Standardmäßig Guides bei jedem Lauf, die sich nach den eigenen Wünschen richten (+Sicherheitsaspekt!)
+ Ausflüge und Safaris
+ viel Kommunikation mit Einheimischen, familiäres Zusammenleben
+ Doppelzimmer mit wunderschöner Terrasse und Blick auf das Tal und den Vulkan
+ „westlichere Organisation“ (geführt durch Österreicher)
+/- Bahn ca. 1km entfernt (dafür kann man ungestörter trainieren)
- bei fast jedem Lauf muss man am Schluss noch mal 100Hm den Berg hinauf (auch nach dem Bahntraining)
- längere Anreise
- Gemeinschaftsbad und –WC
- nur drei Doppelzimmer, Mehrbettzimmer nicht so komfortabel
- wenn es kalt in der Nacht ist, keine Heizmöglichkeit im Zimmer
- sehr langsame Internetverbindung, zum Arbeiten untauglich
+++ kein gewinnorientierter Betrieb, der Verein fördert die Läufer und Familien vor Ort!

Insgesamt kann ich sagen – in Kenia hat es mir sehr viel besser gefallen.
Die aufwändigere Anreise und die gänzlich fehlenden Möglichkeiten zum Kraft- und Radtraining haben mich dazu bewogen, etwas Neues auszuprobieren, aber wie man sieht, ganz reibungslos läuft es woanders auch nicht unbedingt. Radfahren in Ostafrika scheint generell ein schwieriges Thema zu sein.
Ein zweites Mal Äthiopien wird’s für uns – zumindest in dieser Form und zum Training – wohl nicht mehr geben.

Wie und ob sich der Trainingsaufwand in der Höhe ausgezahlt hat, wird sich bei den nächsten Bewerben zeigen :)

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