Duathlon World Games Standard Distance Birmingham / USA

Das war jetzt zum Teil mehr Abenteuer als Wettkampfreise. Die World Games sind internationale Spiele, auch vom IOC und alle 4 Jahre ausgerichtet, bei welchen nicht-olympische Sportarten ausgetragen werden (wobei es zum Teil Überschneidungen gibt, wie etwa bei Karate – das zuletzt olympisch war, dann wiederum nicht).
Der Duathlon war 2017 vorübergehend nicht bei den World Games dabei, davor 2013 schon und 2021 wieder im Programm. Die Austragung wurde nur – genauso wie die Olympischen Spiele – pandemiebedingt um ein Jahr verschoben.
Es waren also die ersten – und wenn der Austragungsort China inklusive Covid-Restriktionen in 3 Jahren aufrecht bleibt … - wahrscheinlich auch die letzten Spiele für mich.
Darüber bin ich aus mehreren Gründen gar nicht so unglücklich. Für mich zählt bei Saisonhöhepunkten vor allem der sportliche Wert der Veranstaltung, nicht das Drumherum. Und Drumherum gibt es bei solchen Größtveranstaltungen mit tausenden Athleten und nochmal sovielen Betreuern, Funktionären und natürlich Mitarbeitern einfach (für meinen Geschmack) zuviel.
Für die Eröffnungsveranstaltung habe ich in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung ohnehin keine Zeit und wir hatten auch gar nicht die Möglichkeit, vor Ort zu sein. Der Zeitplan mit der Anreise ist zu straff und während ich bei EM und WM die Reise selbst und so organisiere, dass ich maximal fit am Wettkampftag bin, so ist dies bei den World Games komplett von außen vorgegeben. Wo sehr viele Menschen zusammenarbeiten, treten natürlich auch einmal Probleme auf und so sind wir noch zwei Tage vor Abflug ohne Zimmer dagestanden. Das hat sich dann auch geklärt, der Verband hat das Problem dann final gelöst, indem wir in einem dem Athletendorf nahe gelegenen Hotel untergekommen sind.
Bei Flügen mit dem Fahrrad im Gepäck achte ich immer besonders auf Direktverbindungen (und wenn man dann vor Ort lange Strecken mit dem Auto zurücklegen muss, ist das immer noch sicherer als ein Anschlussflug), bzw. wenn das gar nicht möglich ist, auf sinnvolle Pufferzeiten beim Umsteigen. Bei Gruppenbuchungen für Sportler unterschiedlichster Disziplinen wird darauf keine Rücksicht genommen. Wir sind 3 Tage vor dem Rennen über zwei Zwischenstopps nach Atlanta/Georgia gebucht gewesen, von dort mit dem Shuttle weiter nach Birmingham/Alabama. Daraus wurde aber nichts, weil wir ohne Fahrrad und Anschlussflug in Chicago hängengeblieben sind und übernachten mussten, bevor es am nächsten Tag weitergehen konnte.
Wichtig war für mich, so knapp vor dem Bewerb nicht in eine andere Zeitzone zu wechseln und daher extrem früh in den USA schlafen zu gehen (idealerweise um 17Uhr herum) um dann am Wettkampftag beim Start des Rennens um 8Uhr in der Früh fit und gut verpflegt zu sein.
Im Idealfall reist man zwei Wochen vorher an und macht noch ein (Höhen-)Trainingslager in einer ähnlichen Zeitzone, so wie ich es vor 5 Jahren schon in Flagstaff für die WM in Kanada gemacht habe.
Diesmal war allerdings Hitzetraining weitaus wichtiger als Höhentraining und das ging zu Hause auch sehr gut. Alabama ist im Juli extrem heiß und dazu auch noch sehr feucht. Nicht gerade ideale Bedingungen für einen zweistündigen Ausdauerbewerb, wer damit aber besser zurecht kommt als die Konkurrenz, bringt einen Vorteil mit.

Positiv hervorheben möchte ich, dass man die Sportbegeisterung in den USA an allen Ecken und Enden spürt. Schon bei der Einreise wurden wir vom Grenzbeamten auf die Teilnahme an den World Games angesprochen, die Menschen sind stolz auf die Austragung und freuen sich einfach mit.
Angenehm liberal habe ich auch den Umgang mit dem Covid19-Thema empfunden. Es gibt bis auf die Impfpflicht bei Einreise so gut wie keine merkbaren Einschränkungen, es wird zu Masken in geschlossenen Räumen geraten, aber es handhabt jeder nach eigenem Ermessen.
Knapp vor Wettkampf und Rückreise will man sich natürlich keine Infektion (egal, womit) holen.

Was man auch nicht will, ist, als Duathletin am Renntag ohne Fahrrad dazustehen. Ganz so dramatisch war es dann nicht, weil sich noch ein Leihrad auftreiben hat lassen – allerdings mit Alurahmen, Tiagra-Schaltung, keine Wettkampffelgen und -bereifung, eine gute Rahmengröße zu groß mit locker 11kg …
Ich hatte darauf spekuliert, mit meiner aktuell sehr guten Radform einen Ausreißversuch zu starten – schaut man sich die Startliste an, stechen vor allem die zwei venezuelanischen Schwestern Joselyn und Edymar Brea hinsichtlich Laufleistung hervor, evtuell könnte auch noch die Japanerin Ai Uida weit vorne mitkämpfen. Aber am Rad waren diese sicher zu schlagen und mit der Belgierin Maurine Ricour, den Französinnen Marion Legrand und Garance Blaut sowie den Niederländerinnen Diede Diederiks und Ann Schoot-Uiterkamp hätte ich lauter ähnlich starke Läuferinnen um mich, die aber am Rad helfen könnten, nach vorne zu kommen und die anderen abzuhängen.
Diese Taktik konnte ich nun vergessen und nur hoffen, dass ich mit dem geborgten Rad zumindest irgendwie die Gruppe halten könnte, idealerweise auch ohne durch die ungewohnte Sitzposition die Muskulatur für den zweiten Lauf komplett zu zerstören.
Stefans Kommentar „in der Not fährt der Teufel Tiagra“ passt wohl gut zu Stimmung und Ausrüstung …

Die Strecke war duathlontypisch winkelig, beim Laufen ein U-Turn jeweils einmal auf  jeder der 4+2 Runden, dazwischen 6 Radrunden auf amerika-typisch recht schlechter Straße und im Durchschnitt eine 90°-Kurve alle 30sec.
Wettertechnisch war es auch ganz schön hart - Rennbeginn bei ungefähr 28° (durch die sehr hohe Luftfeuchtigkeit fühlt sich das aber heftiger an …), dann wurde es im Verlauf des Bewerbes entsprechend heißer (offiziell 30,7°C). Die Verpflegung mit Möglichkeit zur Wasserkühlung war aber beim Laufen super und das hat mir sehr geholfen, mit den Bedingungen gut umzugehen.

Gleich nach dem Start sind die zwei Venezuelanerinnen und die Japanerin vorgegangen, knapp dahinter eine größere Gruppe inklusive mir. Die drei Damen vorne mussten aber rasch nachlassen und so war ich praktisch von Beginn an in der Führungsgruppe.
Der erste Lauf fiel mir überraschend leicht, ich bin nicht so der Hitzefan, aber das Training zu Hause hat mich wohl gut darauf vorbereitet. Supernett war auch, dass die meisten Konkurrentinnen angefangene Flaschen nach hinten im Feld durchgeben und sich so alle gut abkühlen können.

Kurz vor der Wechselzone wurde dann noch ein Sprint angezogen, das war mir dann zu hart – wahrscheinlich ein Fehler, denn danach musste ich ein Loch am Rad zufahren und da hab ich zum ersten – aber nicht zum letzten Mal – richtig viele Körner gelassen.
Die Strecke war ja glücklicherweise überwiegend flach, aber auf den kurzen Bergaufstücken und nach so mancher Kurve wurde dann dennoch attackiert. 3mal hab ich schon die Führungsgruppe praktisch verloren gehabt und mich dann trotzdem noch rankämpfen können. Einige weitere Male musste in kleine Löcher zufahren, weil direkt bei einem Antritt der anderen meine Schaltung einfach zu langsam auf ein kleineres Ritzel gewechselt ist.

Nach der Hälfte der Radstrecke hat mir dann das ISG schon richtig von der ungewohnten Sitzposition wehgetan, dann folgten aber ein paar weitere Attacken und man spürt das gar nicht mehr … nur die Beine haben immer mehr geschmerzt. Ich wollte einfach nur mehr runter vom Rad, war aber gleichzeitig ziemlich stolz auf mich, immerhin die fünfköpfige Führungsgruppe irgendwie bis dahin gehalten zu haben.

Beim zweiten Wechsel hab ich mir diesmal wieder so wie früher ein zweites Paar Laufschuhe deponiert, aber mit den hohen Sohlen und dem Schnellverschluss bin ich immer noch nicht ganz happy. Im Training klappt das super, im Wettkampf ist es dann wieder anders. Mit den Adidas Takumi fühle ich mich beim zweiten Lauf sehr wohl, aber ich komme nicht schnell genug hinein – die anderen vier waren schon ein paar Meter voraus … die 8sec auf die Bestzeit kann man auf 5km gut gebrauchen.
Ich war aber muskulär ohnehin so bedient nach dem Radsplit, dass nicht mehr drinnen war, als den fünften Platz irgendwie ins Ziel zu bringen.

Einige Verwirrung gab es dann noch, als auf unserer ersten (!) Laufrunde dann schon Konkurrentinnen entgegen gekommen sind. Am Vortag beim Briefing wurde zwar gesagt, dass ab 30°C ein Sprint- statt ein Standarddistanz-Rennen ausgetragen wird, aber das kann man doch nicht mitten im Rennen und nur für die Verfolgergruppe ändern?
Egal, mir war klar, dass ich fix an fünfter Stelle liege. Im Ziel stand dann schon die Tafel mit einer ganzen Liste an Disqualifikationen … die komplette Verfolgergruppe ist falsch gefahren (falsch oder gar nicht geleitet worden?) und deshalb zu früh zum Laufen gekommen. Alle haben Protest eingelegt (verständlich) – aber diesem wurde nicht stattgegeben (ich kann nicht beurteilen, ob die Streckensicherung sich tatsächlich nach der Führungsgruppe weniger engagiert gezeigt hat – für mich jedenfalls war es bei den 120 Kurven auch auf der letzten Runde nicht immer im Vorfeld klar, wann man wo in welche Richtung abbiegen muss, das sieht hier in Amerika irgendwie alles gleich aus … eine Möglichkeit wäre gewesen, die Zeiten der Verfolgergruppe zu anullieren, aber die Platzierung beizubehalten, es wurde sich aber dagegen entschieden).

Für mich wurde es zwar nicht die erwünschte Medaille, aber dafür, dass ich in der Früh noch heulend im Bett gesessen bin und einfach nur traurig war, dass ich ohne mein Rad starten muss, bin ich mehr als zufrieden. Ich war ab dem Startschuss mental komplett da, hab das wirklich Beste aus der Situation herausgeholt und alles gegeben. Es war hart, aber ich hab gemerkt, die Form ist voll da wenn es darauf ankommt, sogar bei Hitze. Ja, das Material war ein großes Handicap, aber andererseits war ich auch dankbar, überhaupt Ersatz gefunden zu haben. Ansonsten wäre der gesamte – riesige – Reiseaufwand komplett umsonst gewesen.

Jetzt freu ich mich auf eine Woche Urlaub mit Stefan (was der in den letzten Tagen alles aushalten und organisieren musste ...), auf zu Hause – und natürlich auf die nächsten Duathlons!

Gesamtzeit: 2:03:49h

10km Laufen: 34:37min (3:27min/km, den Temperaturen entsprechend gut, 27sec/km langsamer als die Herren)
T1: 22sec (hier hat alles gepasst)
41km Rad: 1:08:56h (genaue Streckenlänge und Leistungsdaten unbekannt, kein Radcomputer, Leihrad)
T2: 28sec (8sec sind noch drinnen)
5km Lauf: 19:36min (das war entsprechend den Widrigkeiten am Rad ein Ins-Ziel-Schleppen, die Pace will ich gar nicht sehen)

Platzierung gesamt: 5./24 Starterinnen

Alle Ergebnisse gibts auf International Triathlon Union.

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