Französischer Duathlon Grand Prix - Parthenay

Letzten Sommer, nach meinem 5. Platz bei der WM, habe ich die erste Anfrage eines französischen Vereins bekommen, ob ich nicht an der Grand Prix Serie teilnehmen möchte. Dies sind extrem gut besetzte Rennen in Frankreich, bei denen viele französische Vereine nationale und internationale Sportler einladen, um für sie Punkte zu sammeln.
Das führt dazu, dass die Dichte enorm ist, vergleichbar mit - wenn nicht besser - als bei so mancher WM (das liegt auch daran, dass die meisten guten Duathletinnen – bei den Männern kenne ich mich nicht so aus – ohnehin aus dem europäischen Raum kommen. Ganz vorne dabei eben auch Frankreich, was angesichts der Präsenz, Förderung und Nachwuchsarbeit in dieser Sportart wirklich nicht verwunderlich ist …).
Schon in den letzten Saisonen habe ich immer ein bisschen in Richtung dieser Rennen geschielt und gehofft, mich würde mal ein Verein fragen, ob ich für sie an den Start gehen möchte :)
Schließlich habe ich für Stade Francais eine französische Lizenz gelöst.

Das erste Rennen der Serie war schon vor zwei Wochen, als ich meinen Halbmarathon-Staatsmeistertitel verteidigt habe. Aufgrund meines dichten Rennkalenders habe ich jetzt aber nur einmal dieses eine Rennen in Parthenay fix eingeplant.
Die Ergebnisliste des ersten Serienrennens zeigte jedenfalls, was zu erwarten war,  Sandra Levenez (Weltmeisterin 2014, Europameisterin 2015, mehrfach Podium bei WM/EM) sogar „nur“ auf Platz zwei, Bronze ging an die Dritte der letzten WM, Mavi Garcia …
Das ist natürlich eine supergute Gelegenheit, noch vor der EM in drei Wochen seine Konkurrenz live zu erleben und Wettkampferfahrungen in einem Drafting-Rennen zu sammeln. Die Sprintdistanz stellt auch diesbezüglich ein perfektes Aufbaurennen dar.

Aufgrund von Arbeit und Training (es sind die letzten Belastungswochen vor der EM) war der Reiseplan recht dicht, am Samstag um zehn Uhr ging es per Direktflug nach Paris, wo ich von Teamkollegen abgeholt wurde. Entscheidend für mich war, dass ich ein Rad und auch den Helm geborgt bekommen habe, das macht alles weit weniger aufwändig – Handgepäck war also ausreichend.
Leider ist Parthenay dann noch gute vier Stunden Autofahrt von Paris entfernt, also insgesamt dann doch nicht so wenig Aufwand für einen einstündigen Bewerb.

Nach der Ankunft habe ich noch die Laufstrecke alleine und dann mit dem ganzen Team gemeinsam die Radstrecke besichtigt. Ich war überrascht, wie anspruchsvoll beide Kurse waren. Das Laufen fand zu großen Teilen auf Wiese und Schotter statt, recht winkelig mit zwei kurzen, steileren Anstiegen pro 2,5-km-Runde, recht gefährlich bezüglich Überknöcheln (glücklicherweise habe ich gute Sprunggelenke).
Auf der Radstrecke habe ich zunächst vor allem mit dem ungewohnten Rad und der elektronischen Schaltung gekämpft (trotzdem toll, dass der Teamchef Alexandre mir einfach, ohne mich zu kennen, sein privates (!) Rad geborgt hat!).
Für mich fühlt es sich sehr komisch an, nur eine Taste zum Schalten zu betätigen, ohne jegliches mechanisches Feedback, auf das man gleich – etwa durch reduzierten Kraftaufwand beim Treten – bedarfsgerecht reagieren kann. Beim schnellen Gangwechsel kann es auch leicht passieren, dass man beide Tasten – jene zum Rauf- und jene zum Runterschalten – gleichzeitig betätigt. Dann passiert entweder nix oder Unerwünschtes. Das Rad war mir insgesamt etwas groß, dafür trotzdem sehr intuitiv zu fahren.
Die 4km-Radrunde war wie das Laufen recht winkelig, leicht wellig und hatte sehr schlechten Straßenbelag. In einer großen Radgruppe würde das unter Umständen ungut werden, weil man die Rillen und Löcher in der Straße nicht rechtzeitig sehen kann.
Insgesamt habe ich mich aber über den Kurs wirklich gefreut, etwas anspruchsvoller bei einem Aufbauwettkampf ist immer gut.

Nach einem – aufgrund der Anreise und der Streckenbesichtigung – schon sehr späten Abendessen habe ich leider ziemlich unruhig geschlafen. Nervös war ich aber nicht, die Wettkampfdauer mit etwa einer Stunde passt für mich perfekt und der erste Duathlon des Jahres ist ohnehin immer mit sehr viel Vorfeude besetzt.
Den Vormittag habe ich dann noch zur Gewöhnung an die elektronische Schaltung genutzt, bevor es wieder Richtung Wettkampfgelände ging.
Unser Teamchef hat nicht nur die Reise, sondern auch vor Ort die Betreuung super organisiert. Ich bin das ja überhaupt nicht gewohnt, normalerweise reise ich selbst zu großen Meisterschaften nur mit Stefan alleine an und muss mich um fast alles selbst kümmern.

Am Sonntag um 13Uhr war dann der Start der schnellsten Damen. Viel Zeit durfte ich mir ohnehin nicht lassen, denn um 20Uhr mussten wir ja schon wieder im Flieger zurück sitzen :D
Das Wetter war äußerst sommerlich, 26 Grad und strahlender Sonnenschein.
Leider wurde unser Team erst relativ spät aufgerufen, sodass ich in dem großen Starterfeld (72 Damen allein in der 1. Division!) nicht ganz vorne war. Duathlontypisch wurde dann auch wieder wie verrückt gestartet, nach wenigen Metern ging es schon in eine Rechtskurve auf Schotter und gleich danach den schrägen Wiesenabhang hinunter. Schnell war ich relativ weit hinten, man musste auch echt aufpassen, sich nicht zu verletzen. Nach etwa einem Kilometer wurde aber ohnehin alles etwas ruhiger, die Gruppe war schon deutlich geschrumpft und ich konnte Platz für Platz gutmachen. Der Beginn hat mich sicher etwas Kraft gekostet, dafür war das Tempo an der Spitze hinter Julie Chubderre Dode (die wie erwartet zu Beginn das Tempo machte) und Sandra Levenez recht einfach laufbar für mich. Auf einem schnellen Bergabstück wurde mir dann das Ganze etwas zu langsam und ich wollte die Laufstärke meiner Konkurrentinnen testen – nicht zuletzt, um dann für die EM Bescheid zu wissen.

Ab dann weiß ich viele Details auch nur von Fotos mit Bestimmtheit (man hat ja hinten keine Augen). Zunächst war ich alleine vorne, dann konnte Mavi Garcia aufschließen, das Tempo aber nicht halten. Erst gegen Ende der zweiten Laufrunde konnte Sandra Levenez zu mir aufschließen und wir hatten schon einen kleinen Vorsprung beim Einlaufen in die Wechselzone.
Es war schon ein tolles Gefühl, in so einem Feld ganz vorne zu laufen, das Tempo zu bestimmen und damit dem Rennen den eigenen Stempel aufzudrücken. Das Publikum war auch wirklich enthusiastisch, ein wirklich genialer Lauf.

Mit Sandra bin ich dann gemeinsam auf die Radstrecke, wobei auf den Fotos (und später auf der Ergebnisliste) erkennbar ist, dass Mavi Garcia nicht als Dritte nach dem Laufen kam, sondern noch weiter zurückgefallen ist. Als sehr starke Radfahrerin, die entweder alleine eine Verfolgergruppe ziehen kann oder überhaupt aus dieser ausreißt und aufholt, war das recht wichtig.
Sandra und mir konnte aber zunächst niemand folgen, bergauf hat sie ordentlich Druck gemacht (sie wiegt gefühlt ein Drittel weniger als ich ...), im Flacheren und bergab bin ich vorne gefahren. Auf der ersten Runde von fünf habe ich leider total mit der Schaltung gekämpft, zuerst ging vorne nix, ich bin alles am großen Blatt gefahren, dann hinten nix … ich dachte, es wäre etwas kaputt oder Akku leer, aber nachdem es irgendwann funktionierte, gehe ich einmal davon aus, dass einfach im Rennen die lange erlernten Automatismen greifen und eine Veränderung erstmal schwierig ist.
Das harte Antreten von Sandra und meine anfänglichen Schaltungsprobleme haben meiner Muskulatur ziemlich zugesetzt, und zum Erholen war keine Zeit ...

Anfang der vierten Runde war es dann soweit und ich musste am Anstieg abreißen lassen und konnte die Lücke später trotz vollem Risiko in den Kurven nicht mehr schließen. Sandra hat zum richtigen Zeitpunkt ihre Chance genutzt und alles gegeben, da konnte ich nicht mehr mithalten. Beachtliche 24sec konnte sie auf mich bis zum Ende des Radkurses herausfahren ...
Eigentlich hätte ich Mavi schon deutlich früher erwartet (ihre Radzeit war schlussendlich nur 5sec schneller als meine!), auch wenn sie alleine den Rückstand nach dem Laufen zufahren musste. Erst am letzten Drittel der letzten Radrunde konnte sie aufschließen und das Gelände bot keine gute Möglichkeit mehr, mich abzuschütteln. So bin ich knapp vor ihr zum zweiten Wechsel gekommen. Auch hier war ich wie beim ersten Mal in der Wechselzone recht flott (auch, wenn ich, wie nachher auf den Fotos bemerkt, das gerade Helmaufsetzen noch üben muss ... :D)

Theoretisch müsste ich beim Laufen dann wieder schneller sein und mein Start war auch gut, aber dann konnte Mavi langsam aufholen, meine Beine waren nach dem Radfahren einfach zu schwer (vermutlich ist sie den Radteil nicht so intensiv wie ich gefahren, nachdem sie als sehr starke Radfahrerin nur wenige Sekunden schneller als ich war). Bergauf ging bei mir gar nix mehr. Später, im Flachen, konnte ich den Abstand zwar wieder leicht verringern, aber leider hat es nicht mehr ausgereicht, sie einzuholen.
So bin ich als Dritte ins Ziel.

Mit dem Ergebnis und den Erfahrungen bin ich sehr zufrieden. Ich bin zwar angereist, um auf Sieg zu laufen, es sehr aggressiv anzugehen und auszuprobieren, was geht, aber gerade die ersten drei Mädels waren so knapp beinander (Mavi 4sec und Sandra 23sec vor mir) und da kommt es sehr auf Streckenbeschaffenheit, Renndauer und natürlich Taktik und Verlauf des Rennens an. Da kann man vorher schwer Prognosen abgeben, sondern nur sein Bestes geben.
Rückblickend würde ich das Rennen wieder so angehen, ich werde noch sehr spezifisch am Rad für die Wettkampfstrecke bei der EM arbeiten und hoffe, dass ich es dort (mit dem eigenen Rad natürlich :D) noch ein wenig besser erwische. Sehr positiv sehe ich, dass mich Mavi am Rad nicht zerstört hat, überrascht hat mich, dass es Sandra am Rad gelungen ist und Mavi (mit der besten Laufzeit aller Damen) beim zweiten Lauf ...

Einen letzten Sprint an dem Tag gab es dann noch am Flughafen, da wir erst 15min nach Beginn des Boardings aus dem Vereinsbus gesprungen sind :D
Die Bestzeit bei der Handgepäckskontrolle ist uns sicher – und wir haben es noch in den Flieger nach Hause geschafft.

Der Aufwand war es definitiv wert, auch wenn Stefans Flug die Geldbörse belastet hat. Aber es gibt wohl weltweit keine bessere Möglichkeit, sich auf internationale Meisterschaften im Duathlon vorzubereiten und Spaß hat es extrem gemacht.
Danke an Stade Francais für die Einladung, gerne wieder!

Gesamtzeit: 1:00:38,75

5km Laufen: 17:11min
T1 - 33sec
20km Rad: 34:00min
T1 - 32sec
2,5km Laufen: 8:25min (Strecke wegen versetztem Ziel wohl eher 2,3km)

Platzierung gesamt: 3. (Teamwertung ebenso 3. Platz)

Ergebnisse Damen 1. Division
Ergebnisse Herren 1. Division

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